Die UN-Generalversammlung verabschiedete 1993 die Resolution 48/104 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, die diese als „jeden Akt geschlechtsspezifischer Gewalt definiert, der Frauen körperlichen, sexuellen oder psychischen Schaden zufügt oder zufügen kann, einschließlich Androhung, Nötigung oder willkürlicher Freiheitsberaubung, egal ob in der Öffentlichkeit oder im Privatleben.”
❗ Mehr als eine von drei Frauen erlebt im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt.
❗ Mehr als fünf Frauen oder Mädchen werden jede Stunde von jemandem aus ihrer eigenen Familie getötet.
❗ Weniger als 40 Prozent der Frauen, die Gewalt erleben, suchen Hilfe.
Nach wie vor ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen die am weitesten verbreitete Verletzung von Menschenrechten weltweit.
Welche Formen von Gewalt gegen Frauen gibt es?
Gewalt gegen Frauen findet in verschiedenen Formen statt. Psychische Gewalt kann zum Beispiel in Form von Zwangskontrolle (engl. Coercive Control) stattfinden. Betroffene leiden unter anderem unter Isolation, Kontrolle von Aspekten des täglichen Lebens, Kontrolle über grundlegende Bedürfnisse, Überwachung der Kommunikation, wiederholte Herabwertung, das Einfordern traditioneller Geschlechterrollen sowie Drohungen oder Einschüchterungen. Diese Misshandlungen kommen häufig bei psychischer, häuslicher Gewalt vor. Psychische Gewalt kann jedoch auch von Regierungen ausgeübt werden und bedient eine Schnittstelle zwischen physischer und psychischer Gewalt. Ein Beispiel ist die Freiheitsberaubung und das Schul- und Arbeitsverbot in Afghanistan, welches durch die De-facto Regierung der Taliban eingeführt wurde.
Psychische Gewalt gegen Frauen in Afghanistan
Insbesondere in Afghanistan erleben die Frauen nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 verschiedene Formen physischer und psychischer Gewalt. Vor ungefähr einem Jahr wurde das Schulverbot für junge Mädchen nach der 6. Klasse durch die Taliban verhängt. Jegliche Art von Bildung nach der Grundschule ist nun für Frauen verboten- ob weiterführende Schulen, aber auch Ausbildung und Studium. Das Risiko von Zwangsheirat, Kinderarbeit, Gewalt und Missbrauch steigt dadurch extrem. Seitdem wird Mädchen eine Chance auf Bildung und eine selbstbestimmte Zukunft genommen.
„Ich möchte Ärztin werden (…). Unter dem Taliban-Regime haben wir keine Zukunft (…). Ich bin ein Mädchen. Ich muss Wissen haben, damit ich eine gute Generation heranziehen kann.” sagt Samia (Name geändert). Sie besucht die fünfte Klasse einer Projektschule in Afghanistan.
Die Folge: Mädchen und Frauen werden bereits zu Schulzeiten benachteiligt, wodurch ihre Chancen in der Berufswelt schlecht stehen. Afghanistan ist das einzige Land weltweit, in dem Frauen und Mädchen der Zugang zu weiterführenden Schulen und Universitäten untersagt wird. Hinzu kam im letzten Jahr ein Berufsverbot für Mitarbeiterinnen von NGOs oder in politischen Ämtern.
Warum ist Bildung so wichtig?
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnten weltweit etwa 171 Millionen Menschen durch den Ausbau von Bildungseinrichtungen allein durch das Erlernen grundlegender Lesefähigkeiten, der Armut entfliehen.
Bildung und finanzielle Unabhängigkeit beeinflussen nicht ausschließlich das Leben von Einzelnen. Die deutsche UNESCO-Kommission veröffentlichte 2014 in den Leitlinien der Bildungspolitik, dass der Besuch einer Schule im Zeitraum eines Jahres bereits zu einer Armutsreduktion von 12% sowie einer Einkommenssteigerung von 10% führen können. Diese Erkenntnisse zeigen auch, wie dramatisch sich die Situation im Falle eines Bildungs- und Arbeitsverbots auf die Gesellschaft auswirkt, wenn die Hälfte der Bevölkerung betroffen ist.
Doch neben des Schulverbots für Mädchen in Afghanistan, beeinflussen weitere Faktoren geschlechterspezifische Ungleichheiten für Bildungs- und Berufschancen. Die Menstruation ist beispielsweise ein häufiger Grund für Fehlzeiten oder gar Schulabbrüche. Die Ursachen: Fehlende Aufklärung und Probleme der hygienischen Versorgung. In Uganda ist die Menstruation ein entscheidender Grund für die Schulabbrüche von Mädchen – lediglich 57% aller Mädchen schließen die Schule ab. Ein Paket Binden kostet ca. $2 USD. Das überschreitet den Tagesverdienst von einem Drittel der ugandischen Bevölkerung.
Die abgebrochene oder oft unzureichende Ausbildung von Mädchen in Uganda führt dazu, dass sie als Frauen in der Gesellschaft häufig Niedriglohnbeschäftigungen ausführen müssen, oftmals unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen – eine hohe Summe unbezahlter Überstunden, fehlende Schutzkleidung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sind die Regel. Hinzu kommen in Uganda gesellschaftliche Geschlechternormen, die Frauen nach wie vor benachteiligen und ihnen den Zugang zu guten Beschäftigungsverhältnissen erschweren. Einer Untersuchung des Economic Policy Research Centre zufolge, leisten Frauen und Mädchen in Uganda etwa das Doppelte an unbezahlter Sorgearbeit im Vergleich zu Männern und Jungen.